Fahrradfahren ist auch ein Bewegungsspiel
Als OFC mit fahrradaffinen Mitglieder*innen beschäftigt uns auch die Verbindung vom Fahrrad zum VfB. Einige von uns kommen zu den Heimspielen mit dem Fahrrad und stellen dann fest, dass es weder ein ausreichendes Wege-Konzept gibt und schon gar nicht genügend Fahrradständer rund ums Stadion. An den paar wenigen, welche unter dem Willi-Daume–Steg montiert sind, parken an Spieltagen nicht selten schon Motorräder. 300 Stellplätze stehen für Fahrräder vor dem Daimler-Tor bereit. Das ist weit hinter der Untertürkheimer-Kurve und damit keineswegs attraktiv, um den Fans diese umweltfreundliche und stressfreie Anreise schmackhaft zu machen. Stattdessen werden autofahrende Fans bei der Anreise über das Verkehrsleitsystem schon ab der Autobahn über die B10 oder B14 direkt zur Mercedes-Benz Arena geführt, wo 12 000 öffentliche Parkplätze bereit stehen. Wer mit den „Öffis“ kommt, muss sich in die knallvolle U11 quetschen. Erst recht in Pandemiezeiten keine ganz so gute Idee.
Die Idee
2009 haben wir zwei OFC-Mitglieder Andi und Torsten eine Auswärtsfahrt mit dem Fahrrad nach Frankfurt gemacht. Der Ausflug war erfolgreich, denn auf dem Heimweg waren 3 Punkte auf dem Gepäckträger. Jetzt, 13 Jahre später im Abstiegskampf und beim Stande von 0:2 gegen Gladbach wollten wir das Glück auf Rädern nochmal herausfordern. Wir beschließen, mit dem Fahrrad nach Mainz zu fahren. Kaum beschlossen, beginnt die VfB-Aufholjagd und wir gewinnen noch 3:2 – ein sehr sehr gutes Omen.
Die Fahrt
Mit dem Zug fahren wir zu zweit am frühen Karfreitag-Morgen nach Karlsruhe. Von dort geht es dann auf zwei Rädern zügig über die Fächer in Richtung Rhein, dem wir zwei Tage flussabwärts bis Mainz folgen werden. Schon nach wenigen Kilometern wartet in Leopoldshafen mit der Fähre „Peter Pan“ das erste Highlight und wir setzen von der badischen hinüber auf die pfälzische Rheinseite. Auf meist geteerten Wegen vermuten wir hinter dem Damm den Rhein – allzu oft ist er leider nicht zu sehen. Vorbei an zahlreichen Badeseen, Störchen und Biergärten fließt der Rhein zur Mittagszeit an Speyer vorbei, wo wir uns erfrischen. Die Tagesetappe führt uns schließlich noch bis Worms, wo wir nach 112 km die Füße endlich genüsslich hoch legen und im sehr empfehlenswerten und fahrradfreundlichen Hotel „Altes Ruderhaus“ nächtigen.
Am zweiten Tag haben wir noch knapp 60 km vor uns, wollen aber auch zeitig vor dem Anpfiff in Mainz einrollen. Die Strecke ist abwechslungsreich und führt uns wesentlich öfter als am Vortag direkt am Rhein entlang. In Oppenheim – touristisch wohl eher für die imposante Kirche aus rotem Sandstein bekannt – entdecken wir zu unserer freudigen Überraschung in einem Vorgarten einen Fahnenmast mit großer VfB-Fahne. Ein Foto-Stopp und kurzer Plausch mit dem dort wohnenden VfB-Fan ist Pflicht!
Auf dem weiteren Weg lernen wir dann noch Achim kennen, der das gleiche Ziel auf dem Fahrrad ansteuert. Wie wir von ihm erfahren, hat Achim unter dem Motto „Auf zwei Rädern zu drei Punkten“ schon Auswärtsspiele von Nürnberg bis nach Hannover auf dem Sattel bewältigt. Zu dritt rollen wir zur Mittagszeit in Mainz ein. An der Rheinpromenade steht der VfB-Mannschaftsbus als ob er uns hier begrüßen will.
Das Spiel
Das Stadion liegt ein wenig außerhalb auf der grünen Wiese und so kommen wir am Ende sogar noch zu ein paar Höhenmetern. Auf dem letzten Kilometer lotst uns freundlicherweise ein radelnder Mainz Fan durchs Wohngebiet. Bevor wir die „MEWA Arena“ überhaupt sehen und schließlich über einen Acker-Trail erreichen, hören wir bereits die lautstarken Gesänge aus dem Gästebereich. Sicher weit mehr als die angekündigten 4000 VfB Fans sorgen schon eine Stunde vor dem Anpfiff für Cannstatter Kurve-Feeling!
Die Arena glänzt zwar nicht gerade mit Charme, dafür mit einer guten Infrastruktur: Sie ist mit sage und schreibe 3000 Fahrradständern gesegnet, die Fahrradtaschen kann man in Containern gratis zur Gepäckaufbewahrung abgeben und es existiert ein stabiles freies W-LAN-Netzwerk.
Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Im Gegensatz zur guten Stimmung im VfB-Block will auf dem Platz keine Euphorie aufkommen. Die Defensive steht stabil, aber vorne will wieder einmal wenig gelingen. So bleibt es trotz einiger guter Chancen gegen blasse Mainzer bei einem torlosen Unentschieden, wir nehmen leider nur einen mageren Punkt mit und machen uns nach einer letzten Stippvisite ans Rheinufer mit dem Intercity auf den Heimweg nach Stuttgart.
Das Fazit
Wir haben auf unserer Tour einige nette Leute kennengelernt und viele positive Rückmeldungen für die Aktion bekommen. Statistisch sind wir immerhin auswärts mit dem Rad noch ungeschlagen und sogar ohne Gegentreffer. Die Beschilderung und Beschaffenheit des Rhein-Radweges ist mit wenigen Ausnahmen mehr als ordentlich. Falls ihr nun motiviert seid, die Strecke nach zu fahren: Wir haben ein paar rot-weiße Markierungen hinterlassen, denen ihr folgen könnt.
Diese Auswärts-Radtour wird sicher nicht unsere letzte gewesen sein, vielleicht wächst die Gruppe Fahrrad-begeisterter VfB-Fans ja auch noch weiter? Und wir sind zuversichtlich, dass es dann nächstes mal auch eher Hoffen- als Heidenheim sein wird.
Torsten und Andi, OFC Rote Karte